Wieso haben Sie sich für den Lehrerberuf entschieden?
Weil ich sehr gerne mit jungen Leuten arbeite, weil für mich Kinder im Zentrum stehen und weil für mich Bildung sehr wichtig ist. Ich will den Schülern etwas mitgeben, ich möchte junge Leute prägen und ihnen auf menschlicher Ebene etwas mitgeben. Das ist mir extrem wichtig. Ich möchte den Schüler:innen vorleben, wie ich mir vorstelle, dass Gesellschaft funktioniert. Also mit Rücksichtnahme aufeinander, Verständnis und Respekt.
Was mögen Sie am Lehrerberuf?
Ganz klar den Kontakt mit Schülern. Das ist mein absolutes Highlight. Ich glaube, wenn ich das nicht hätte, hätte ich hingeschmissen. Ich will viele Menschen mit unterschiedlichen Ansichten kennenlernen, das erweitert meinen Horizont. Deshalb will ich auch so viel Persönliches wie möglich über die Schüler:innen erfahren, da ich mich für sie und ihre Werte interessiere. Die Schüler:innen sind für mich keine Maschienen, die funktionieren müssen, ich sehe den Mensch dahinter. Im Moment macht es mir auch noch Spaß, mich in die Rolle der Schüler:innen nochmal hineinzuversetzen; Wie war ich, als ich 14,15 war? Was hat mich interessiert? Was hat mich bewegt? und von da aus plane ich dann meinen Unterricht so gut es geht, manche Sachen muss man dann halt aber auch machen. Also wirklich mit den Schüler:innen zu kommunizieren, mit denen zu lachen. Das ist so schön.
Was sind die Schattenseiten des Berufs?
Das ist für mich, dass ich nicht abschalten kann. Aber das ist ein persönliches Problem, das ich habe. So eine Unterrichtsstunde, die man plant, die kann man planen bis ins endlose und da einen Schluss zu finden und zu sagen, jetzt hab ich Feierabend, ist extrem schwierig. Dann auch diese Erreichbarkeit, die man halt durch diesen Messenger hat, der ja auch gut ist. Aber man hat nicht so dieses typische 9 to 5 und ich bin zuhause und hab Feierabend. Wenn ich jetzt nach Hause gehe, fängt die Arbeit für mich eigentlich erst richtig an und das ist für mich schon ein Nachteil. Mich erschreckt es auch, wie viele Probleme Jugendliche heutzutage haben, das ist sehr traurig. Da will ich dann nicht mehr Lehrerin sein und das ist für mich auch eine Schattenseite. Ich muss mich dann ganz arg zwingen in meiner Rolle zu bleiben, also professionell zu bleiben, aber gleichzeitig ich, wie ich eben bin, zu sein. Ich habe manchmal das Gefühl, dass ich in diese Rolle noch richtig hineinwachsen muss. Ich bin nicht die Autoritäre, die dann sagt „Das machst du jetzt, sonst gibt das eine 6“, dass kann ich nicht. Da frage ich mich dann manchmal, ob ich dann in dem Beruf falsch bin. Also das sind so die Schattenseiten für mich. Aber ich würde aus dieser negativen Seite heraus niemals sagen, dass ich das dann deswegen lasse. Das wäre für mich kein Grund. Das ist lediglich ein Grund, weiterhin an mir zu arbeiten.
Was muss sich ändern, damit Lehrkraft der absolute Traumberuf ist?
Die Aufgaben müssen besser verteilt werden, also ausgelegt werden. Diese administrativen Sachen, die zum Unterrichtsalltag, inklusive Vorbereitung, hinzukommen, kosten Zeit und das sieht halt keiner, dieses Organisatorische. Das glaub ich, müsste reduziert werden, damit es ein Traumberuf wird. Auch müsste man meinerseits den Leistungsdruck rausnehmen.
In welchen Momenten lieben Sie ihren Beruf?
Wenn Schüler:innen einen „Aha-Moment“ haben, oder wenn Schüler:innen Spaß in meinem Unterricht haben, wenn sie mit mir, oder ihren Mitschüler:innen lachen. Das ist das Schönste. Wenn ich merke, die haben auch mal Spaß, was zu machen und dabei eventuell etwas lernen, ohne es zu merken. Oder in Latein ist das auch immer so toll, wenn ich sag, sie sollen in Partnerarbeit was übersetzen und ich hör dann, wie sie wirklich übersetzen. Wenn ich merke, die haben jetzt auch Spaß daran gefunden, zu knobeln. Das ist richtig cool, wie in Französisch, wenn die Schüler:innen auf Französisch drauf los plappern.
Was wünschen Sie sich von Schülern?
Dass sie so sind, wie sie sind, dass sie ehrlich mir gegenüber sind. Das sage ich auch in jeder ersten Stunde “ Leute, wir können über alles reden, natürlich auf eine respektvolle Art, bevor es an irgendeine andere Stelle geht.“ Dass wünsche ich mir. Das sie wirklich sie selber sind und zu sich selber stehen und sich gegenseitig und mich mit Respekt behandeln.
Wie klappt es, Schulisches und Privates zu trennen?
Sonderrolle Referendariat, da klappt es nicht. Das muss man ganz klar sagen. Wir haben kein Tag frei in der Woche, es geht nicht. Momentan sind meine Arbeitszeiten, dass ich um halb 6 aufstehe, mach vor der Schule noch was und dann geht das schon bis um 12 Uhr nachts. Man sagt immer, man muss das irgendwie trennen, aber ich glaub, dass kann ich nicht. Das Abschalten wird zudem immer schwieriger, je mehr man auf die Schüler:innen eingeht.
Möchten Sie noch was loswerden?
Ich finde, dass die persönliche Beziehung zu Schülern in unserem Schulsystem viel zu kurz kommt. Dafür ist gar kein Platz, bzw. keine Zeit eingerechnet. Das bleibt voll auf der Strecke. Dieses „Ich höre dir jetzt auch mal zu. Was machst du eigentlich als Hobby? Hast du Geschwister? Wie gehts dir gerade?“ Das bleibt komplett auf der Strecke und das fehlt mir. Das kritisiere ich ganz stark, weil ich glaube, da könnten wir im Schulalltag schon auch einiges abwenden, an Krankheiten oder an Angstzuständen vor Schule. Was ich mir auch wünsche, was Menschen aus meiner Klasse mitnehmen, ist, dass sie sagen „Hier hab nicht ich als Note gezählt. Hier habe ich als Mensch gezählt und hier war wichtig, wie ich mich gefühlt hab. Die Frau hat wahrgenommen, ob ich da bin oder nicht da bin. Ich war wichtig, nicht meine Note“. Zudem finde ich es auch wichtig, dass man Schülern auf Augenhöhe begegnet. Ich bin auch der Meinung, dass viele Schüler:innen schon relativ weit sind, dass man mit denen auch ernste Gespräche führen kann. Und wenn ich dann merke, dass ich es geschafft habe, den Schüler:innen die Freude an dem Fach zu vermitteln, ist das mein Moment, für den ich diesen Beruf mache und ich lebe diesen Beruf. Das ist wirklich sowas, das ist in mir, glaube ich.